In der Praxis haben sich unterschiedliche Organisationsformen von ambulanten Wohngruppen gebildet in denen versucht wird, mit den Herausforderungen der selbstbestimmten Gruppenwohnform umzugehen. Sie unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer ordnungsrechtlichen Würdigung, sondern auch in ihrer Größe, in den Konzepten und den Finanzierungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten.

von Monika Schneider

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Allen ambulanten Wohnformen gemeinsam ist das Prinzip in Selbstbestimmung zu leben und zu einer geteilten Verantwortung zwischen Bewohnern, Angehörigen, Betreuern, Bevollmächtigten und Betreuungsanbietern zu kommen. Im stationären Modell der Hausgemeinschaft hingegen geht es darum, innerhalb der Regeln des Heimgesetzes eine Gruppenwohnform zu ermöglichen.

Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Modelle kurz skizziert und hinsichtlich ihrer Projektidee und der Beteiligungs- und Selbstbestimmungsmöglichkeiten beleuchtet werden.

Die stationäre Hausgemeinschaft

Klar definiert im Sinne der Gesetze sind die Hausgemeinschaften, als stationäres Versorgungssystems innerhalb einer Einrichtung oder als angegliederte Außengruppe finden die Vorschriften der jeweiligen Heimgesetze Anwendung.

Der Pflege- und Betreuungsanbieter ist als Träger der Einrichtung in der Gesamtverantwortung. Aus einer Hand werden Unterkunft, Verpflegung, Betreuung und Pflege angeboten. Die Verantwortung für die Struktur und die Prozesse sind zentral beim Träger angesiedelt. Eine „Abwahl“ des Betreuungsanbieters, ohne das Heim zu verlassen ist nicht möglich. Zuständige Ordnungsbehörde ist die Heimaufsicht.

Die Beteiligung der Bewohner und Angehörigen ist gesetzlich geregelt. Sie haben in begrenztem Rahmen die Möglichkeit der Mitwirkung und Mitbestimmung. Von den Bewohnern werden Beiräte oder Bewohnervertretungen gewählt, die im gesetzlichen Rahmen tätig werden. Sind die Bewohner dazu nicht mehr in der Lage, kann diese Aufgabe auch von Angehörigen oder Betreuern wahr genommen werden.

In die stationäre Hausgemeinschaft darf einziehen, wer vom Träger aufgenommen wird. Der Ausschluss eines Bewohners kann nur vom Träger initiiert werden und unterliegt gesetzlichen Vorschriften.

Ambulante Wohngemeinschaften mit individuell getrennten Verträgen – ohne Auftraggebergemeinschaft

Ein Kriterium für eine selbstbestimmte Wohnform, nämlich die strikte Trennung zwischen dem Miet-, dem Betreuungs- und dem Pflegevertrag steht im Mittelpunkt dieses Typs. Der Mieter schließt mit dem Vermieter einen Mietvertrag und getrennt davon mit dem Betreuungsanbieter einen Betreuungs- und / oder Pflegevertrag ab. Die Anbieter der jeweiligen Leistungen sind rechtlich und faktisch getrennte Personen/Organisationen. Die Verträge nehmen keinen Bezug aufeinander.

Es existiert formell weder ein Zusammenschluss auf der Ebene der Mieter noch auf der Ebene des Pflege- und Betreuungsanbieters. Alle Verabredungen, die Gemeinschaft betreffend, werden individuell und im Bedarfsfall vorgenommen. Das Modell setzt auf die Möglichkeiten und Fähigkeiten des Bewohners, seine Verbraucherinteressen durchzusetzen und stellt den mündigen und durchsetzungsfähigen Bewohner in den Mittelpunkt. Zielgruppe sind dementsprechend Menschen, die ihre individuellen Bedürfnisse einbringen wollen und können, es darf bezweifelt werden, ob das Modell für die Betreuung von Menschen mit Demenz geeignet ist.

Wohngemeinschaften unter Beteiligung von gemeinnützigen Vereinen

Der Verein „Freunde alter Menschen e.V.“ mit Klaus Pawletko an der Spitze hat ein Modell entwickelt, bei dem ein gemeinnütziger Verein als Initiator von ambulanten Wohngemeinschaften auftritt. Nach der erfolgreichen Entwicklung und Implementierung wird das Modell auch von anderen Vereinen umgesetzt, so z. B. von regionalen Alzheimergesellschaften.

In dem Modell mietet der Verein als Generalmieter die gesamte Wohnung an. Die einzelnen Bewohner schließen mit dem Verein Einzelmietverträge über ihren Mietanteil ab. Der Verein trägt das Risiko des Mietausfalls. Mit der Funktion des Zwischenmieters verbindet der Verein darüber hinaus die Funktion des Vermittlers/Moderators zwischen den Bewohnern, den Angehörigen und dem ambulanten Dienst. Sie vermitteln in Konflikten und moderieren Abstimmungs- und Gruppenprozesse. Sie ermitteln die gemeinsam getragenen Wünsche und Bedürfnisse der Gruppe und unterstützen die Bewohner und ihre Angehörigen bei der Durchsetzung der Interessen gegenüber dem Pflegeanbieter.

Als Experten für Pflege- und Betreuungskonzepte oder für die besonderen Bedürfnisse der Zielgruppe verstehen sich diese Vereine auch als Wächter über die Qualität in der Wohngemeinschaft. Die Freunde alter Menschen beispielsweise definieren ihre Rolle als „partnerschaftliches Frühwarnsystem“ und „Verbraucherschutzinstanz“. Das setzt natürlich voraus, dass der Verein über die entsprechenden Kenntnisse verfügt und eine ausreichende Distanz zum Betreuungsanbieter hat. Eine personelle oder rechtliche Verbindung wischen den beiden Organisationen ist hierbei hinderlich und könnte auch dazu führen, dass die Verbindung zwischen dem Wohnungsanbieter (in dem Fall der Verein als Zwischenmieter) und dem Betreuungsanbieter zur Anwendung der Heimgesetze kommt und den Status der ambulanten Wohnform gefährdet.

Im Sinne der Selbstbestimmung hat auch der Verein die Aufgabe, die gemeinschaftlichen Interessen der Bewohner zu organisieren. In der Praxis findet das in aller Regel durch regelmäßige Treffen der Angehörigen statt, die durch den Verein moderiert und begleitet werden.

Wohngemeinschaften mit Einzelmietverträgen und Auftraggebergemeinschaft

Zum individuell mit dem Vermieter der Immobilie abgeschlossenen Mietvertrag kommt in diesem Modell der formelle Zusammenschluss mit den Mitbewohnern. Gemeinsam wird eine Auftraggebergemeinschaft gebildet. Zweck der Gemeinschaft ist es, sich auf einen ambulanten Pflege- und Betreuungsdienst und ein gemeinschaftlich getragenes Betreuungsarrangement zu verständigen.

Im Vertrag geregelt werden auch die Anforderungen an das gemeinschaftliche Leben, in dem z. B. eine Haus- und Nutzungsordnung erlassen wird oder der Umgang mit der Haushaltskasse und gemeinschaftlich abzuschließende Verträge geregelt sind. Wichtig ist auch die Frage, wie die Gemeinschaft sich selber organisiert. Welche Mehrheiten sind erforderlich, um gemeinschaftliche Entscheidungen zu treffen und wie werden die nach außen vertreten, z. B. über einen Sprecher.

Viele Wohngemeinschaften dieses Typs schließen darüber hinaus eine Kooperationsvereinbarung mit dem Wohnungsanbieter ab, in ihr werden die Mitspracherechte der Bewohner bei der Belegung frei werdender Räume innerhalb der Wohngemeinschaft geregelt.

Wohngemeinschaft mit Auftraggebergemeinschaft und Mietergemeinschaft

Wird eine Auftraggebergemeinschaft gegründet, liegt es nahe, dass diese auch die weitere zentrale Funktion in der Wohngemeinschaft besetzt und die Wohnung gemeinschaftlich anmietet. Als Mietergemeinschaft kann sie selbstbestimmt auch darüber entscheiden, wer in die Wohngemeinschaft einziehen darf und ob im Konfliktfall auch jemand wieder aus der Wohngemeinschaft ausziehen müsste. Diese Option hat die Gemeinschaft nur, wenn sie gemeinschaftlich mietet. Der Eintritt in die Gemeinschaft ist auch der Eintritt in den gemeinsamen Mietvertrag. . Werden Einzelmietverträge gemacht, entfällt diese Möglichkeit, denn mietrechtlich ist der Streit in einer Wohngemeinschaft kein Kündigungsgrund für den Vermieter.

Die gemeinschaftliche Anmietung der Wohnung führt allerdings dazu, dass die Mietergemeinschaft bei leer stehenden Räumen auch das Risiko für den Mietausfall tragen muss. Das ist insbesondere in der Gründungsphase einer Wohngemeinschaft ein nicht zu unterschätzendes Risiko, das im Einzelfall sicher vertraglich mit dem Eigentümer der Immobilie abgemildert werden kann.

Durch die Kombination von Auftraggebergemeinschaft und Mietergemeinschaft in einer Bewohner GbR lässt sich gemeinschaftlich ein eigenes Regelwerk entwickeln und im Bedarfsfall auch fortschreiben.

Das Modell eignete sich besonders für Menschen, die eine hohe Bereitschaft haben sich zu engagieren und den Willen haben „ihr Projekt“ eigenverantwortlich zu gestalten. Das bietet sich gerade dann an wenn es um Konzepte für besondere Zielgruppen geht, wie z. B. Menschen mit Migrationshintergrund.